Rückblick auf 7 Jahre Post Schulter Labrum Operation – Teil 1
Der Unfall
6 Jahre ist es inzwischen her, doch die Erinnerungen sind so klar als wäre es gestern gewesen.
Eine Woche vor der Deutschen Meisterschaft und meiner Möglichkeit zur Weltcup Qualifikation im Bouldern rutscht mir bei einer Wettkampf Simulation in einem Verschneidungsboulder der Fuß weg und ich hör ein „Krachen“ in meiner Schulter. Es ist nicht das erste Mal, dass ich mich verletzte und ich merke schnell: „Lass das Adrenalin erst abklingen und schau dann, ob das was schlimmeres ist.“ Nur höchstens eine Minute später entscheide ich mich dazu nicht weiter zu bouldern und da war mir auch schon klar, dass es was „Ernsteres“ sein muss, denn T-Shirt umziehen musste ohne Arm heben gehen.
Labrum OP – ja oder nein?
Mein erster Schritt war natürlich einen Arzt aufzusuchen. Rückblickend empfehle ich hier jedem: geht nicht nur zu einem Arzt, sondern ruhig zu 3-5 Ärzten und holt euch eine Meinung von Physios und Osteopathen ein! Es gibt viele tolle Leute vom Fach, doch jeder ist in seinem Wissen und seiner Perspektive begrenzt. Die Kompetenzen der Experten unterscheiden sich in der Art, doch nicht in der Wertigkeit. Könnte ich meine Entscheidung rückgängig machen, hätte ich meinen Physios und Osteopathen mehr Gehör geschenkt. Meine Karten ohne OP davon zu kommen hätten recht gutgestanden, doch das war mir zu dem damaligen Zeitpunkt nicht klar. Also wurde ich schon ca. 5 Wochen nach dem Unfall in meinen Sommerferien operiert. Jeder, der wirklich operiert werden muss, sollte sich schon vor der OP um einen Physio und/ oder Osteopathen bemühen! Oft sind die sehr ausgelastet und es tut gut zu wissen, dass man nach der OP in guten Händen ist. An dieser Stelle ein riesiges Dankeschön an meine jahrelange Begleiterin und Unterstützerin Imke Goßel. Bei ihr ist man in den besten Physio Händen!
Post Schulter OP – mit dem Frust umgehen
Die ersten Wochen nach der Schulter Operation (oder auch anderen Verletzungen) kann man, außer sich mit tollen Menschen umgeben und seinem Gemüt etwas Gutes tun, sonst nicht viel machen. Umso wichtiger ist es, den eigenen Frust und die Verzweiflung zu teilen. Ein starker Kopf ist beim „Come back“ sehr entscheidend. Mir tat es gut mit meinen Freunden ins Magic Wood mitzufahren: einfach rauskommen, auf dem Crashpads schlafen oder lesen, beim Bouldern zuschauen und anfeuern, quatschen, lachen und einfach weiterhin „dabei sein“. Schon rücken die alltäglichen Herausforderungen oder auch Belastungen wie Duschen, Schuhe binden, Essen schneiden,… in den Hintergrund. Kleine Nebeninfo für die Mädels: meinen ersten Pferdeschwanz konnte ich nach 6 Wochen wieder selbst binden.
Endlich wieder Sport!
Rund 5 Wochen nach der OP konnte ich dann endlich wieder mit Sport anfangen. Die Freude war so semi groß, denn erst mal umfasste das Joggen, Squads und co. Sprich: Leg day every day, was mir defintitv nicht geschadet hat! Schon bald ging dann auch die Reha los und damit kam ein Motivationsschub: endlich konnte ich dem verlorenen Bizepsumfang von 4cm wieder entgegenwirken. Dank Schulunterricht in der Q12, schaffte ich es 4-5 Tage die Woche für je 4-6h in die Reha zu gehen und erreichte hier vermutlich die beste körperliche Fitness meines Lebens. Meine Eltern merkten das insbesondere am ständig leeren Kühlschrank.. :D In der Reha standen täglich Physio und Training an. Anfänglich mit dem Schwerpunkt lange Belastung und wenig Widerstand wurde dann mit steigender Mobilität und Kraft nach und nach darauf aufgebaut. Gegen Mitte – Ende der Reha ging es auch endlich wieder an die Kletterwand. Alle Körperteile außer der Schulter waren fit wie nie und wollten direkt Vollgas geben.
Doch erst einmal war Geduld gefragt. Viele leichte Sachen klettern, keine Dynos oder ähnliches,.. Das kann oft schwerer sein als am Limit zu klettern. Mir half es mir eigene kleine Challenges zu überlegen, damit ich nicht zu schnell zu viel und zu schwer klettere.
Zum Beispiel:
- Einen leichten Parcours durchlaufen
- Den Boulder 3-5mal hintereinander klettern
- An jedem Griff 2-3 Sekunden einarmig innehalten
In alter neuer Form – mit Einschränkungen
Rund 7 Monate nach der OP hatte ich so langsam meine alte Form zurück. Doch in bester Ordnung war noch nicht alles, denn mir fehlte Beweglichkeit und davon viel. Stell dir vor, du stehst mit dem Rücken zur Wand und hebst deine Arme auf Schulterhöhe mit den Handrücken gegen die Wand. Nun knickst du die beim Ellenbogengelenk auf 90 Grad ab und die Handrücken berühren im Optimalfall weiterhin die Wand. Bei mir fehlten da leider 15-20cm bis zur Wand und das sollte abgesehen von minimaler Besserung leider bis 2021 so bleiben. Aber erst einmal brach ich mir rund 9 Monate nach der OP mit viel Talent meinen Fuß (Bus einsteigen muss gelernt sein). Yippie, Campusboard Training!! Oh no, doch nicht. Die Schulter fand das nämlich noch nicht so super. Also Sonne tanken, chillen und Däumchen drehen. Als ich auch diese 6 Wochen überwunden hatte, gings kurz drauf mit Abi in der Tasche ins Ausland.